Falls drei Minuten Zeit sind…

08.11.2019


Am 9. November vor 30 Jahren öffnete sich die Mauer, der „eiserne Vorhang“, der die Menschen in Europa Jahrzehnte trennte. Seitdem ist das Brandenburger Tor wieder offen.

Dienstag durfte ich in Moskau den Friedensnobelpreisträgern Präsident a.D. Michail GORBATSCHOW und Präsident a.D. Lech WALESA den DANK Deutschlands für ihre entscheidende historische Rolle persönlich überbringen. Es hat mich sehr nachdenklich gemacht.

Erst hatte Lech Walesa mit seiner Gewerkschaft SOLIDARNOCZ auf der Danziger Leninwerft dem kommunistischen Unrechtsregime die Stirn geboten. Mit mentaler und spiritueller Unterstützung des ehemaligen Bischofs von Krakau Woityla und späteren Papst Johannes Paul II.

Dann hat Michail Sergejewitsch Gorbatschow als neuer Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion mit GLASNOST und PERESTROIKA eine neue Seite im Buch der Geschichte aufgeschlagen und den Völkern der Sowjetunion und des Warschauer Pakts das Recht auf Selbstbestimmung zugestanden. Die Panzer blieben in den Kasernen. Damit hat er die deutsche und europäische Einigung wesentlich mit ermöglicht.

Das dürfen wir Deutschen niemals vergessen.

Die Amerikaner haben uns von den Nationalsozialisten befreit, mit dem Marschallplan wirtschaftlich geholfen, mit unseren europäischen Nachbarn uns zur Demokratie verholfen, mit der Luftbrücke die Freiheit Berlins verteidigt. Präsident Kennedy rief „Ich bin ein Berliner“, Präsident Reagan „Öffnen Sie das Brandenburger Tor“, Präsident Bush sen. ermöglichte die Einheit bei den 2 plus 4 Verhandlungen.

Die Bürger im Osten Deutschlands demonstrierten mutig und friedlich; aus den Friedensgebeten in den evangelischen Kirchen wurden die Montagsdemonstrationen.

Es gibt viele Gründe, einfach dankbar zu sein. Dauerhaft.

Die Lage der meisten Menschen in unserem Land ist besser denn je. Die Unzufriedenheit aber größer als früher. Das beschämt auch ein wenig. Und es besorgt mich.

Wir haben so viel geschafft, den Wiederaufbau, die Wiedervereinigung. Wenn wir sehen, was mutige Menschen wie Walesa und Gorbatschow geleistet haben, sollten wir uns den Zusammenhalt unseres Landes zutrauen und optimistisch in die Zukunft gehen.

Die letzten 30 Jahre sind ein „Wimpernschlag“ in der Europäischen Geschichte. Möge es lange so bleiben, wie es auch dank Walesa und Gorbatschow wurde. In ihren Ländern sind sie höchst umstritten, aber vor der Geschichte sind beide wahre Helden. Beide waren besorgt, als wir uns unterhielten und sie einen aktuellen Blick auf die momentane Welt warfen, aber beide sind mit sich im Reinen. Klaus Meine hat danach in kleiner Runde für Gorbatschow „Wind of change“ gesungen. Damals wehte der Wind in Richtung Abrüstung, Verständigung, Vertrauen, internationale Abkommen und eine multilaterale regelbasierte Zusammenarbeit auch im Europäischen Haus.

Der Wind hat sich gedreht. Da hat jeder seine Verantwortung wahrzunehmen, damit auch unsere Kinder den Mauerfall in 30 Jahren feiern. Europa war zu Großem fähig, aber immer nach Katastrophen. 1648, 1918/19, 1945/49. danach wurde das NIE WIEDER oft vergessen. Nie wieder Nationalismus, nie wieder Verletzung der Menschenwürde, nie wieder Krieg, nie wieder Diskriminierung von Minderheiten. Das geht mir durch den Kopf, in diesen Tagen.

http://www.christian-wulff.de/wp-content/uploads/2019/11/Dank-Michail-Gorbatschow.pdf